Einblick in die politische Arbeit

Jürg Mächler durfte als Stellvertreter von Lukas Bardill im Dezember 2023 erstmals aktiv an einer Session des Grossen Rates teilnehmen. Hier sein ganz persönlicher Einblick, wie er das Politisieren in der SP-Fraktion und im Grossen Rat erlebt hat.

Der Grossratssaal von der Tribüne aus

Viele Male (z.B. bei der Beratung des Schulgesetzes) sass ich auf der Tribüne des Grossratsaales und stellte mir die Atmosphäre «unten» während der politischen Debatte vor…  Einmal Teil des Politbetriebes zu sein, stundenlanges Zuhören und Mitdenken live zu erleben, die Wortmeldungen einzustufen und Timing, Dynamik und Reaktion des Fraktionskollegiums «mitzugehen» war und bleibt für mich ein eindrückliches Erlebnis. 

«Physische Augenhöhe» ist durch die Abstufung und Verwinkelung der Sitzreihen im Gebäude nicht ganz möglich, aber politisch ist sie neuerdings durch die Simultanübersetzung in die drei Bündner Amtssprachen gewährleistet.

Arbeit in der Fraktion

Die Fraktion bereitete sich eineinhalb Wochen vorher in einer zweitägigen Klausur in Disentis gründlich auf die Themen der 4 Tage Session vor. Zu den Diskussionsschwerpunkten gehörten:

  • Bericht zur «Strategie digitale Verwaltung Graubünden 2024-2028»
  • Zweiter Gemeindestrukturbericht
  • Budget 2024, Finanzplan 2025-2027; Steuersenkung
  • Jahresprogramm 2024
  • Wahlen für das künftige Obergericht (Amtsantritt 1.1.2025)

Im Zeichen der Budgetdebatte und der damit verbundenen Festlegung des Steuerfusses gab natürlich die Ankündigung der FDP, den Steuerfuss für natürliche Personen um ganze 10% zu senken, zu reden. Die SP-Fraktion lehnt eine unsolidarische Senkung ab und möchte bei 100% bleiben (allenfalls taktisch mit der Regierung bei 5% mitgehen). Erhöhung der Steuerfreibeträge und gezielte Steuergutschriften sind/wären viel bessere Massnahmen.

Ein klares Ja zur Beschleunigung der Digitalen Transformation und zu den Anträgen der Regierung im Bericht zur «Strategie digitale Verwaltung» und dem Rahmenverpflichtungskredit von 35 Millionen Franken.

Zur Wahl des ersten vereinigten Obergerichts schlägt die SP-Fraktion Ramona Pedretti, Chiara Richter und Christof Bergamin vor.

Am Montagmorgen vor Sessions-Beginn hielt die Fraktion nochmals eine Sitzung ab. Andri stellte in lobenswerter Weise noch eine Präsentation zu Begriffen aus dem Steuerbereich zusammen.

In Erinnerung bleibt mir insbesondere das eindrückliche Zusammenarbeiten, Taktieren, Reagieren und Führen von Bea Baselgia und Andri Perl. Locker, eloquent und sicher führten die beiden die nicht immer ganz homogene Fraktion durch Sitzungen und die Session. Eine wie mir scheint sehr anspruchsvolle Aufgabe. Bedingt durch die Zusammensetzung nach dem neuen Wahlsystem mit Exponenten unterschiedlichsten Alters, Erfahrung, beruflicher Herkunft etc. 

Viel Kompetenz und ein spannender Erfahrungsschatz, der geschickt zusammengeführt, eine grossartig gemischte Power-Fraktion darstellt. Andri wird darin fehlen!

Dass ich neue Aufträge mitunterzeichnen -und sogar als «Neuling» im Namen der Fraktion ein Votum auf die Antwort der Regierung zur Anfrage Kocher betreffend Abbruch Veloweg Fideris-Küblis-Dalvazza halten konnte (siehe unten), zeigt den respektvollen, offenen und wertschätzenden Umgang untereinander und die Dynamik dieser Fraktion auf.

Debattieren im Grossen Rat

Das Niveau der Debatten in der Dezembersession, der Austausch und Respekt untereinander hat mich positiv beeindruckt. Im Kontrast dazu stehen einige Aussagen und abfällige Bemerkungen von gewissen SVP- Grossräten!

Blick auf die Mitte-Fraktion

Zusammengefasst hat der Grosse Rat das Budget 2024 mit 5% Steuersenkung verabschiedet und das Jahresprogramm 2024 sowie den Finanzplan 2025-27 diskutiert, den Bericht Strategie digitale Verwaltung Graubünden 2024-2028 behandelt, den zweiten Gemeindestrukturbericht diskutiert (Regierung hält am Ziel von noch 50 Gemeinden fest), die Fragestunde mit sechs Fragen bestritten, die Justizbehörden am Obergericht gewählt, die parlamentarische Initiative Metzger betreffend Abschaffung der Gerichtsferien und den Auftrag Bergamin betreffend Standesinitiative zur Einführung der nationale Elternzeit abgelehnt, diverse Anfragen und Aufträge diskutiert, so etwa die Überweisung des Auftrags von Tobi Rettich betreffend dem Housing-First-Ansatz bei der Obdachlosenhilfe.

Der umtriebige Standespräsident Sepp Caluori verabschiedete Standesweibel Julius Maissen in einem schönen, würdigen Rahmen, was mir neben vielem anderen in besonderer Erinnerung bleibt.

Danke Lukas, dass du mir das Vertrauen geschenkt hast, dich würdig zu vertreten!        

Jürg Mächler

Jürg mit der SP-Fraktion im Rücken

Votum auf die Antwort der Regierung zur:

Anfrage Kocher betreffend Abbruch des Velowegs Fideris – Küblis – Dalvazza

Sehr geehrter Standespräsident und Standesvizepräsidentin

Hohe Regierung

Geschätzte Damen und Herren Grossräte

Als aktiver Velofahrer benutze ich den genannten Veloweg (Fideris – Küblis – Dalvazza) häufig!

In der Antwort der Regierung kommt zum Ausdruck, dass sie sich der Bedeutung einer attraktiven Veloverbindung durch das Prättigau bewusst ist und das Velonetz zu verbessern sei. Der seit über zehn Jahren von verschiedenen VerkehrsteilnehmerInnen vielseitig genutzte und auch von Familien geschätzte Veloweg scheint nun aber als vorübergehende Episode und «nice to have» in die Geschichte einzugehen!

Der höhere Ausbaustandard der Nationalstrasse N28 wird als Argument aufgeführt und zeigt in aller Deutlichkeit die geringe Gewichtung des Veloverkehrs. Es gehen Investitionen verloren und durch den überrissenen Ausbau in dem engen Bergtal wird bewusst in Kauf genommen, dass sich die VelofahrerInnen und der Langsam-Verkehr erneut an einen Rückschritt und eine Vermischung mit anderen Verkehrsteilnehmern zu gewöhnen haben. Dies just zu einer Zeit wo endlich das nationale Veloweggesetz in Kraft getreten ist, welches u.a. ein vom restlichen Verkehr getrenntes Velowegnetz vorsieht.

Das ist für viele Menschen schlicht nicht verständlich!

Allgemein sollte alles für einen häufigeren Gebrauch des Velos getan werden, somit könnte auch mehr CO2 reduziert werden. 

Auch scheint die Planung ohne Berücksichtigung der Anliegen des Velo- und Langsamverkehrs so weit fortgeschritten zu sein, dass der «Kollateralschaden» anscheinend einfach so hingenommen werden muss!

Ich bitte die Regierung über das Tiefbauamt allen möglichen Einfluss auf das ASTRA und sein einseitiges Vorgehen auszuüben, damit eine erträglichere Lösung gefunden werden kann und um künftig ein ähnliches Fiasko zu vermeiden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit

Jürg Mächler, Grossrat Stv. Schiers