Fremdenverkehr

Ich mag dieses altmodische Wort nicht. Es weckt Erinnerungen an eine Töfftour vor vielen Jahren, die uns durch den Schwarzwald führte. Irgendwo in der Nähe von Donaueschingen überquerten wir eine Sprachgrenze der beklemmenden Art: Aus den vielen Gästezimmern auf den Schildern wurden plötzlich Fremdenzimmer

Aber genau dieser hässliche Fremdenverkehr kam mir in den Sinn, als ich mir Gedanken dazu machte, wie ein «sozial- und umweltverträglicher» Tourismus aussehen könnte. Dies, nachdem sich im Winter bei schönem Wetter Sonntag für Sonntag Autokolonnen von Klosters her Richtung Landquart schlängelten und die Gemeinde Schiers sich genötigt sah, ihre Dorfdurchfahrt abzuriegeln. Eine Folge davon: Die von Google etc. fehlgeleiteten Blechschlangen landeten zum Teil in engen Gässlein in Teilen von Schiers, wo sich nicht einmal Einheimische mit ihrem Auto hinwagen. Es sei denn, sie wohnen dort.

Keine Frage: Der Tourismus ist ein wichtiger, einträglicher Wirtschaftszweig, auch hier im Prättigau. Aber eine Frage steht im Raum: Wie viele Gäste und Autos können wir Menschen im Tal und unsere prächtige Bergwelt überhaupt verkraften? 

In einem Interview mit der Südostschweiz sprach Christian Laesser, Professor an der Universität St. Gallen, genau zu dieser Zeit über die Zukunft des Tourismus in Graubünden. Bemerkenswert fand ich folgende Aussage: «Man wird nach Ansätzen suchen müssen, «mehr» aus dem Tourismus herauszuholen und nicht nur «mehr Tourismus» zu haben.» Das sollten wir beherzigen, gerade in Hinblick auf das Thema Ganzjahrestourismus. Wir brauchen unbedingt neuartige Konzepte und zündende Ideen, damit wir nicht einfach vom Tourismus überrollt werden. So bleiben Gäste im Prättigau willkommen und verkommen nicht zu Fremden und Verkehr.

Monika Baumgartner / Fideris

Der Leserinnenbrief erschien in der P&H vom 23. März 2022